Page 26 - Mein Leben 1/2020
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MEIN RECHT | Leser fragen – Profis antworten
Rechtsanwalt Mag. Karlheinz Amann be- antwortet in MEIN LEBEN Patientenfragen mit Schwerpunkt Sozial- und Sozialver- sicherungsrecht. Wenn Sie hierzu eine Frage haben, sind Sie herzlich eingeladen, sich an MEIN LEBEN zu wenden. Ihr Problem wird selbstverständlich auf Wunsch auch anonym behandelt.
FRAGE: Ich interessiere mich für den Abschluss ei- ner privaten Krankenversicherung. Im Antragsformu- lar der Versicherung wird nach behandelten Krank- heiten gefragt. Muss ich meinen Diabetes angeben?
§ 11a Versicherungsvertragsgesetz (VersVG) räumt dem Versicherer ausdrücklich die Befugnis ein, im Zusam- menhang mit Versicherungsverhältnissen, bei welchen der Gesundheitszustand des Versicherten oder eines Geschä- digten erheblich ist, personenbezogene Gesundheitsdaten zu verwenden, soweit dies zur Beurteilung, ob und zu wel- chen Bedingungen ein Versicherungsvertrag abgeschlos- sen oder geändert wird, zur Verwaltung bestehender Ver- träge oder zur Beurteilung und Erfüllung von Ansprüchen aus einem Versicherungsvertrag unerlässlich ist.
Beim Abschluss einer Krankenversicherung ist es den Versicherungen daher gestattet, Auskunft über den Ge- sundheitszustand des Versicherten zu begehren. Beim Abschluss einer Haushalts- oder Gebäudeversicherung wäre dies jedoch nicht der Fall.
Zu bedenken ist weiters, dass unterlassene Antworten über erhebliche Umstände den Versicherer berechtigen, gem. § 16 VersVG vom Versicherungsvertrag zurückzu- treten. Auch wenn über einen erheblichen Umstand eine unrichtige Mitteilung gemacht wird, kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten (§ 17 VersVG).
Dieses Rücktrittsrecht ist lediglich dann ausgeschlossen, wenn der Versicherer den nicht angezeigten Umstand bereits kannte oder die Anzeige ohne Verschulden des Versicherungsnehmers unterblieben ist.
Bereits im eigenen Interesse ist es daher geboten, über die bestehende Diabetes-Erkrankung aufzuklären. Von unrichtigen Angaben ist dringend abzuraten, da dies ein Rücktrittsrecht des Versicherers begründet bzw. zu Leis- tungsfreiheit führen kann.
FRAGE: Darf sich die Versicherung im Zuge des Abschlusses einer privaten Krankenversicherung bei meinem Arzt nach meinem Gesundheitszustand er- kundigen?
Personenbezogene Versicherungsdaten darf die Versi- cherung zunächst nur durch Befragung der Person, die
versichert werden soll oder bereits versichert ist, sowie anhand der vom Versicherungsnehmer beigebrachten Unterlagen ermitteln.
Der Versicherer ist auch berechtigt, Auskünfte von Dritten, also etwa vom behandelnden Arzt, einzuholen – dies jedoch nur, wenn der betroffene Patient vorher eine für den Einzel- fall erteilte ausdrückliche Einwilligung erteilt hat.
Ohne Ihre Zustimmung kann die Versicherung daher nicht beim behandelnden Arzt nachfragen.
FRAGE: Ich habe bereits eine private Krankenversi- cherung. Darf die Versicherung zur Beurteilung, ob sie leistungspflichtig ist, Erkundigungen bei mei- nem Arzt tätigen?
Auch hier gilt, dass die Versicherung die vom Versicher- ten erteilten Informationen und die von diesem überge- benen Unterlagen verwenden darf.
Eine Anfrage beim behandelnden Arzt oder beim Kran- kenhaus darf die Versicherung aus Eigenem jedoch nicht vornehmen. Auskünfte über Diagnose sowie Art und Dauer der Behandlung darf sie nur verlangen, wenn der Patient der Ermittlung dieser Informationen ausdrück- lich zugestimmt hat. Diese Erklärung kann auch jederzeit widerrufen werden.
Vor Erteilung dieser Zustimmung muss die Versiche- rung den Patienten klar und verständlich über die Fol- gen der Einwilligung sowie die Verweigerung der Ein- willigung und über das Widerrufsrecht belehren. Die Versicherung hat auch offenzulegen, welche konkreten Daten sie nachfragen wird und welchen Zweck die Aus- kunftserhebung hat.
Mag. Karlheinz Amann
Von 1998 bis 2006 zunächst als juristischer Mitarbeiter und ab 2001 als Rechtsanwaltsanwärter in einer Wiener Anwaltskanzlei beschäftigt. Einen Teil seiner Gerichts-
praxis hat er beim Arbeits- und Sozialgericht Wien verbracht. Seit dem Jahr 2006 ist er als selbständiger Rechtsanwalt in Wien unter anderem mit den Schwerpunkten Patien-
tenrecht, Sozial- und Sozialver- sicherungsrecht tätig.
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