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FORSCHUNG | Neues aus der Wissenschaft
Dr. Angelika Heißl, MSc
GLUKAGONREZEPTOR-
Ein neuer Ansatz in BLOCKADE der Diabetestherapie?
Sowohl Typ-1- als auch Typ-2-Diabetes mellitus sind durch hohe Blutzuckerwerte, die sogenannte „Hyperglykämie“, gekennzeichnet. Obwohl die zu-
grundeliegenden Mechanismen für die Entstehung der Hyperglykämie unterschiedlich sind, lag der Fokus der Forschung vorrangig im Insulinstoffwechsel. Nun aber tritt immer mehr auch das Hormon Glukagon, der Ge- genspieler von Insulin, ins Rampenlicht. Einer Forscher- gruppe rund um Dr. Holland an der University of Texas gelang es nun, durch eine gezielte Blockade des Gluka- gonmetabolismus in der Leber die Hyperglykämie zu reduzieren. Eine noch wesentlichere Beobachtung, dass sich dadurch neue insulinproduzierende β-Zellen in der Bauchspeicheldrüse entwickeln konnten, könnte Millio- nen von Betroffenen in Zukunft das Leben mit Diabetes erleichtern.
Derzeit leben allein in Österreich etwa 800.000 Menschen mit Diabetes. Der Großteil davon leidet an Typ-2-Dia- betes mellitus (T2DM), und nur etwa 30.000 sind von Typ-1-Diabetes mellitus (T1DM) betroffen. Für beide Typen gilt vorrangig die Senkung des Blutzuckerspiegels zurück in den Normalbereich. Im gesunden Stoffwech- sel ist die Kontrolle des Blutzuckerspiegels engmaschig durch Insulin und Glukagon kontrolliert. Die Ausschüt- tung von Insulin in den β-Zellen ermöglicht die Auf- nahme von Glukose aus dem Blut in die Zellen.
Sinkt der Blutzuckerspiegel ab, produzieren die a-Zellen der Bauchspeicheldrüse Glu- kagon. Dieses Hormon bindet in der
Leber an den Glukagonrezep-
tor, ein kleines Protein in der Zell-
β-Zellen auf der Bauchspeicheldrüsenoberfläche, Insulin und Leukozyten im Blutgefäß
membran, und aktiviert so die Glukoseproduktion und -ausschüttung in den Leberzellen. Durch die Blockade der Glukagonrezeptoren kann das Signal nicht mehr wei- terverarbeitet werden, und der Blutzuckerspiegel sinkt ab. Derzeit wird bereits ein Medikament (Adomeglivant, LY2409021) in einer klinischen Studie getestet. Durch die Verabreichung dieser Substanz konnte eine deutliche Reduktion des HbA1c-Wertes erreicht werden. Obwohl die Kritik groß war, dass es zu einem Anstieg an LDL und Cholesterin kommen könnte, konnte dies nicht be- stätigt werden.
Eine weitere wesentliche Beobachtung wurde während der Verabreichung eines weiteren Glukagonrezeptorblo- ckers im Tiermodell gemacht. Die dort beobachtete Sen- kung des Blutzuckerspiegels wurde unter anderem durch die Umprogrammierung der a-Zellen in β-Zellen in der Bauchspeicheldrüse erzielt. Die Zunahme der β-Zell- masse kurbelte so die Insulinproduktion wieder an. Auch nach jahrelang bestehendem Diabetes sind noch genü- gend a-Zellen vorhanden, da diese kein Ziel des Immun- systems sind. Derzeit muss noch geklärt werden, ob das
8 | MEIN LEBEN 2/2021