Page 22 - Mein Leben 1/2020
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EMPOWERMENT | Mehr vom Leben
Die Mechanismen, die bei DM zu den Veränderungen an den Nerven und Gefäßen führen, sind nach wie vor nicht eindeutig geklärt. Intensive Forschungen werden welt- weit vorangetrieben. Unbestritten ist jedoch, dass eine enge Verbindung zum Blutzuckerspiegel besteht. Die Veränderungen an Nerven und Gefäßen sind umso aus- geprägter, je höher der BZ-Spiegel, je höher der HbA1c- Wert im Blut ist.
Der „gesunde Fuß“ ist so widerstandsfähig angelegt, dass Schäden, Verletzungen, Entzündungen zwar regelmäßig im Zuge der täglichen Belastungen entstehen, aber ohne Folgen repariert werden. Der DF hingegen kann, bedingt durch die Nerven- und Gefäßveränderungen, einerseits die Schädigungen der Umwelt durch die resistenzmindern- den Bedingungen nicht wahrnehmen (vornehmlich durch die Störung der Schmerz- und Temperaturempfindung), andererseits sind die reparativen Mechanismen (z. B. die Wundheilung) stark beeinträchtigt. So erklärt sich auch das bunte Bild an Symptomen und die Herausforderung, das DFS zu begleiten und zu behandeln. Zusätzlich zum DFS, sei es im Stadium der Inaktivität (Latenzphase) oder der Aktivität (Manifestation), spielen natürlich alle Erkrankun- gen anderer Organsysteme eine entscheidende Rolle.
Sich lediglich auf das DFS vor Ort zu konzentrieren, kann als fataler Fehler angesehen werden. Einerseits spielen na- türlich die Lebensstilsituationen (berufliche und familiäre Belastungen, Freizeitverhalten, Sportaktivitäten, Nikotin- abusus, Alkoholismus, Übergewicht, Drogenkonsumation etc.) eine große Rolle, andererseits aber auch krankhafte Veränderungen am Skelettsystem des Fußes (z. B. Fehlstel- lungen an den Großzehengrundgelenken – „Hallux“), der Venen (Krampfadern), des Lymphsystems (Lymphödem) oder der Haut (z. B. Pilzinfektionen). Die Forderung in der Beurteilung des DFS obliegt somit nicht nur auf der Beurteilung des Fußes per se, sondern auch in der Beurtei- lung der Übergangszonen (der Beine, der Haut, der Hau- tanhangsgebilde – folglich des ganzen Körpers).
Die Führung und Leitung des „DFS heute“ ist als ganz- körperliches Management anzusehen, sei es in der Latenz- phase, sei es im Vollbild des DFS, in der Manifestation. Hier sind nicht nur der behandelnde Arzt, der Orthopä- dieschuster, die Diabetesberater, die Diätologen, die Gilde der Podologen und Fußpfleger, die Selbsthilfe, sondern auch der Patient in seiner Eigenverantwortung gefordert. Früherkennung, Prävention, Kontrolle und Beratung spie- len somit eine tragende Rolle.
Risikokategorie Risikogruppe
0 Keine Neuropathie, keine PAVK
1 Neuropathie
2 PAVK mit/ohne Neuropathie
3 Ulkus-Rezidiv/ frühere Amputation
Kontrolltermin
einmal jährlich alle 3–6 Monate alle 2–3 Monate alle 1–2 Monate
Übliche Problemzonen beim diabetischen Fuß
Wird die Diagnose DM gestellt, ist unverzüglich ein „dia- betischer Fußcheck“ durchzuführen, der dem Betroffenen Auskunft über seinen „IST“-Zustand gibt und ein Risiko- profil erstellt.
Der DF-Check umfasst eine Abklärung der Risikofakto- ren, beinhaltet eine klinische Untersuchung und gibt die weiteren Kontrolltermine vor. Veränderungen werden do- kumentiert und falls erforderlich, werden die entsprechen- den therapeutischen Maßnahmen (z. B. orthopädische Einlagen zur Druckpunktentlastung) eingeleitet.
Ein wesentlicher Bestandteil des DF-Check ist die Bera- tung der Betroffenen. Schon die Empfehlung, welche Fuß- creme zu verwenden ist, stellt eine Herausforderung dar, die durch das Angebot der Diskontdrogerien nicht gelöst werden kann und unter Umständen zu gesundheitsgefähr- denden Folgen führen kann.
NICHTS DARF BEIM DFS DEM ZUFALL ÜBERLASSEN WERDEN, NICHTS DARF BAGATELLISIERT WERDEN.
Früherkennung und Vorsorge beim DFS, ernst ge- nommen, werden verhindern, dass Ihnen Lebensqua- lität und Mobilität abhandenkommen; der aufrechte Gang wird für Sie weiter selbstverständlich bleiben!